Innovative Klänge aus
Basel und Zürich: Mit dem Debüt-Longplay «Epicenter» wagt sich die
Gruppe No Religion an eine gewagt-geniale Kreuzung von Metal und
House.
SMN:
Zusammen mit Deinem Kumpel Maurizio Pozzi hast Du für die Werbung
renommierter Marken und Titelmusik für Sendungen erstellt. Was gab den
Ausschlag für die Gründung einer Band?
Paolo Fedrigoli: Das Projekt No Religion, dem heute vier Mitglieder
angehören (siehe CD-Besprechung) ist langsam herangewachsen. Im Vordergrund
standen - und stehen noch heute - das Zusammenspiel aus Spass an der Sache
und die Umsetzung von Ideen.
SMN: Angesichts eurer Vorhaben darf man euch dennoch kaum als «Plausch-Band»
bezeichnen.
PF: Schwierig zu sagen, denn wir können ja nicht einfach verkünden, wir
seien nun eine erfolgreiche, vielbeschäftigte Formation. Wir tun immer noch
vieles aus Freude an der Sache. Leben können wir davon sowieso (noch) nicht
und stehen somit nicht unter Erfolgsdruck.
SMN: Immerhin erscheint «Epicenter» bei einer grossen Schallplattenfirma,
nachdem eure Debüt-EP noch im Eigenvertrieb herausgekommen ist. Wie seid ihr
zum Deal mit EMI Records gekommen?
PF: Ganz einfach: indem wir unsere EP und neue Probeaufnahmen verschickten.
Darauf kamen von den Labels nicht nur Absagen sondern auch Zusagen. Darunter
war jene von EMI die vielversprechendste; sie mündete in eine
Lizenzvereinbarung.
SMN: Welcher Erwartungen stehen von eurer Seite hinter einer solchen
Kooperation?
PF: Im Gegensatz zu früher macht es heute nicht mehr so einen grossen
Unterschied, ob man bei einem «Indie» (einer unabhängigen Plattenfirma) oder
bei einem «Major» (einer Konzernfirma) unter Vertrag ist. Letztlich geht es
vielmehr um die Leute, die dahinter stehen. Da haben wir bei EMI ein gutes
Gefühl. Sie sorgen für eine gute Präsenz von «Epicenter» sowie für eine
internationale Verbreitung.
SMN: Auf dem Album treffen Metal-Klänge auf Techno-Beats und House-Elemente
- eine Mischung, die ja nicht gerade auf der Hand liegt. Wie schätzt ihr
selber den Markt für diese Art von Musik ein?
PF: Wie ich schon sagte, haben wir nicht in erster Linie nach einer
Marktnische gesucht. Wir waren schon immer «Metaller» und gleichzeitig
Techno-Freaks. Natürlich hoffen wir, dass unser Konzept auch dem Publikum
gefällt. Die ersten Reaktionen sind vielversprechend, was vermutlich auch
daher rührt, dass die Berührungsängste zwischen Rock und House nicht mehr so
gross sind wie früher. Das Publikum ist sicherlich offener geworden. Wir
zeigen, dass eine Synthese harmonieren kann. Und ich glaube, wir können
überzeugend vermitteln, dass wir in beiden - an sich gegensätzlichen -
Welten zuhause sind.
SMN: Dennoch muss sich No Religion doch irgendwo positionieren. Tretet ihr
nun zum Beispiel eher in Rockclubs oder Rave-Places auf?
PF: Bisher sind wir hauptsächlich an Festivals aufgetreten. Dort war das
Publikum sehr durchmischt. Da Techno- und Dance-Clubs technisch kaum für
Liveauftritte einer Band eingerichtet sind, werden wir unsere Gigs
wahrscheinlich eher in Rock-Schuppen machen. Auch unsere Plattentaufe findet
an so einem Ort statt.
SMN: In eurem Repertoire nehmen Elektronik und Computer eine bedeutende
Rolle ein. Lässt sich dies live umsetzen?
PF: Ich vergleiche das immer so: Unser Tonträger ist wie ein Kinofilm mit
allen Raffinessen, das Konzert das entsprechende Theaterstück. Auf der Bühne
betonen wir die organischen Instrumente und natürlich den Gesang. Dennoch
ist das dann nicht unplugged: Sampleklänge und sonstige Computerelemente
lassen sich auch auf der Bühne direkt abrufen.
SMN: Seht ihr euch in einem Kreis von internationalen Bands, die ähnliches
versuchen - oder eher als einzigartig?
PF: Bah, dazu müsste ich die anderen Versuche kennen. Aber mir persönlich
ist keine Gruppe bekannt, die Progressive House und Metal in dieser Weise
verbindet.
SMN: Wie steht es mit den Industrial-Bands oder Rage Against The Machine bzw.
Red Hot Chili Peppers?
PF: Geile Sachen - aber keiner betont die Grooves und das «Housige» doch so
wie No Religion. Tatsächlich haben wir uns zu Zeiten der ersten EP mit
Industrial ziemlich auseinandergesetzt. Heute überwiegen aber die
ausgeprägten Beats und ein technoides Grundmuster.
Interview: Frank Hänecke
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