Der aus dem bernischen
Kräiligen stammende Musiker und Dialektsänger Florian Ast gehört zu
den Shooting Stars der neuen Schweizer Rockszene. Sein mit der Band
Florenstein eingespieltes erstes Album brachte in monatelang in die
Schweizer Hitparade und zu Platinehren. Der nun erschienene
Nachfolger «Gringo» zeigt den forschen Berner von vielen Seiten -
und mit einem neuen Ansatz.
FH:
Auf aktuellen Fotografien, die Dich sogar auf Titelbildern von Zeitschriften
zeigen, siehst Du gut erholt und braungebrannt aus. Warst Du vor dem Start
zum neuen Album in den Ferien?
Florian Ast: Nein, der Teint kommt eher vom Sonnenbaden.
FH: Bleibt denn dafür noch Zeit?
Florian Ast: Durchaus, wobei ich mich auch zum Arbeiten gerne im Freien
aufhalte, wenn das Wetter stimmt. Ich schreibe meine Songs gerne draussen.
Obschon die Veröffentlichung von «Gringo» ansteht, bringe ich übrigens
bereits neue Ideen zu Papier.
FH: Im Juni beginnt Eure Tournee. Wie hast Du Dich denn darauf vorbereitet?
Florian Ast: Mit dem Repertoire des letzten Albums habe ich zusammen mit
meiner Band rund 180 Gigs absolviert. Und für die neuen Sachen sind wir
ständig am Üben. Das hängt auch damit zusammen, dass wir neue Geräte
einsetzen, zum Beispiel Sampler. Vielleicht arbeiten wir auch einen neuen
Musiker ein, einen Perkussionisten. Ansonsten bleibt die Live-Crew mit
Isabelle Dessort (Gesang), Mario Capitanio (Gitarren), Maik Ast (Schlagzeug)
und mir aber wie bisher.
FH: Auf der Gästeliste von «Gingo» finden sich ja bekannte Namen. Wie ist es
zur Zusammenarbeit gekommen.
Florian Ast: Lustigerweise haben wir erst nach Abschluss der Aufnahmen
gemerkt, dass wir da wohl eine ausgefallene Schar zusammengebracht haben. Zu
den Kontakten kam es auf ganz verschiedene Weisen. So habe ich Sina ziemlich
spontan angefragt, weil ich sie mir als Sängerin zum Stück «Ueli» gut habe
vorstellen können. Ihre Zusage war wohl ebenso spontan. Für den Bassisten
Guy Pratt habe ich mich interessiert, ohne erst zu wissen, dass er mit Pink
Floyd gearbeitet hat. Ihn zu begeistern, war aber nicht schwierig.
FH: Und Polo Hofer?
Florian Ast: Die Van Morrison-Nummer «Bruuni Ouge» wollten wir schon seit
zwei Jahren zusammen aufnehmen. Die hätte gar nicht unbedingt auf meinem
Album erscheinen müssen.
FH: Geniesst Du jetzt eigentlich ein Gegenrecht als Gast auf anderen Alben?
Florian Ast: Wenn das nur aus diesem Grund erfolgen würde, fände ich das
nicht so cool. Wenn ich aber die Aufnahmen anderer Musiker durch meine
Mitwirkung weiter bringen könnte, wäre das etwas anderes. Aber bitte nicht
nur wegen des Namens!
FH: Dein Debütalbum «Florian Ast & Florenstein» hat ja unglaublich
eingeschlagen. Inzwischen dürfte damit die Platingrenze (50'000 Exemplare)
überschritten sein. Wie beurteilst Du diesen Erfolg im nachhinein?
Florian Ast: Ich bin natürlich stolz, der erste in der Schweiz zu sein, der
das mit einer ersten Langspielaufnahme geschafft hat. Ansonsten bin ich aber
eher sprachlos. Ich habe jedenfalls nicht mit so etwas gerechnet. Mag sein,
dass es an vielen Zufälligkeiten gelegen hat.
FH: Warum so bescheiden? Mit Deiner erfrischenden Art und Deinen
musikalischen und lyrischen Ideen hast Du doch einiges beigetragen.
Florian Ast Wenn Du das sagst...
FH: Du wirst sicher oft gefragt, wieweit Dich der Erwartungsdruck auf den
Nachfolger des Hitalbums beeinflusst hat.
Florian Ast: Tatsächlich: Einen Monat vor dem Studiotermin bekam ich
plötzlich grosse Zweifel und hätte die ganze Produktion beinahe gestoppt.
Ich war psychisch gar nicht gut drauf. Zum Glück konnte ich mich aber
auffangen und neuen Elan gewinnen. Wir haben damals praktisch wieder bei
null angefangen. Ich denke, das hört man. Ich bin sicher, dass «Gringo»
seinem Vorgänger in nichts nachsteht und sogar mit vielen neuen Elementen
aufwartet.
FH: Unter den neuen Sachen in zeitgemässem Sound fallen vor allem «Zungekuss»,
«Blödi Chue» und «Ueli» auf. Was hält Dich davon ab, mehr solche modernen
Klänge zu produzieren?
Florian Ast: Gar nichts! Unbedingt! Das sind genau meine Lieblingssongs,
«1912» hinzugezählt. «Zungekuss» ist wirklich mein Meisterstück.
FH: Warum denn immer noch die folkloristischen Züge (die im Volkslied «Städtele»
gipfeln), warum diese punkhaften, schrägen Nummern? Kultivierst Du damit ein
Markenzeichen?
Florian Ast: Die Verschiedenheit des Albums rührt daher, dass es Songs aus
einer langen Zeitspanne enthält. Die vorher genannten Stücke sind neuesten
Datums, früher machte ich noch andere Musik. Dazwischen habe ich eine
Entwicklung zurückgelegt, die ich in Zukunft in dieser Richtung weiter
ausbauen werde. Wahrscheinlich komme ich auf die Muster im Stil von «Meitschi»
nicht mehr zurück.
FH: Und was soll der kitschige Gartenzwerg auf dem Cover?
Florian Ast: Gartenzwerge finde ich grundsätzlich bünzlig, kleinbürgerlich.
Aber der ist so übertrieben, das er mir schon wieder gefällt, richtig geil.
Zusammen mit dem Namen Gringo, der ja auch als Schimpfwort gebraucht wird,
lässt sich damit das Fremde, das irgendwie Kauzige herausstreichen. Das
liegt mir ja auch...
Interview: Frank Hänecke
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