Lovebugs liefern mit
ihrem aktuellen Album «Awaydays» ein schlankes und
auf-den-Punkt-gebrachtes Popalbum ab, das endlich einmal zeigt, wozu
die Band eigentlich fähig ist. Adrian Sieber über Barbarella, Samos,
Elton John und Druck.
RP: Seid ihr die Produktion von «Awaydays» anders angegangen als bei «Transatlantic
Flight»?
Adrian Sieber: Es war ein Traum von uns, das Album zu Hause in eigener Regie
aufzunehmen. Jede Band will am Anfang in ein grosses Studios gehen und mit
berühmten Produzenten arbeiten. In einem zweiten Schritt will man dann aber
alles in die eigene Hand nehmen. Bei den Demo-Aufnahmen zum letzten Album,
die wir in unserem Proberaum machten, merkten wir, wie lebendig und frisch
es klingen könnte. Da wir «Awaydays» selber im eigenen Studio produzierten,
konnten wir uns für die Aufnahmen vier Monate Zeit nehmen. Bei vier Songs
haben wir noch mit einem professionellen Studioorchester in Belgien
zusammengearbeit.
RP: Euer neues Album klingt offener und weniger überladen als der Vorgänger.
Die Songs sind sehr auf den Punkt gebracht. Worauf ist das zurückzuführen?
AS: Es ist immer einfacher, sich hinter Wänden von Gitarren, fetten Beats
und Loops zu verstecken. Auf «Awaydays» zeigen wir uns jedoch von unserer
bisher intimsten und direktesten Seite. Das brauchte sehr viel Mut und
gegenseitiges Vertrauen. Wir haben versucht, den Melodien möglichst viel
Platz zu geben, und nur das Allerwichtigste aufzunehmen. Als wir mit den
Aufnahmen begannen, war die Songs noch alle sehr frisch und nicht zu Tode
geprobt. Diese Frische und Spontaneität wollten wir unbedingt auf dem Album
haben.
RP: In einigen Songs ist ein Piano zu hören. Wurden die Songs darauf
geschrieben?
AS: Die meisten Songs entstanden auf der Gitarre. Dass stellenweise das
Piano in den Vordergrund gerückt wurde, hat damit zu tun, dass zum ersten
Mal unser Live-Keyboarder Stefan Wagner auch auf der Platte vertreten ist.
RP: Du hast einige der Songs auf der griechischen Insel Samos geschrieben.
Welche Erinnerungen hast du von dort zurückgebracht?
AS: Rund um die Veröffentlichung von «Transatlantic Flight» ist dermassen
viel passiert, dass ich kaum noch Zeit fand, zur Ruhe zu kommen und Songs zu
schreiben. Das hat mich sehr unzufrieden gemacht, und so war die Reise nach
Griechenland für mich eine Art Flucht - aber auch ein Experiment. Ich
brauchte fast eine Woche, um herunterzukommen und nochmals ein paar Tage bis
ich die Gitarre zum ersten Mal aus dem Koffer nahm. Aber dann sind die Ideen
nur so aus mir herausgesprudelt... Den ganzen Tag hatte ich die Gitarre bei
mir. Da um diese Jahreszeit ausser mir kaum ein anderer Mensch auf Samos war,
konnte ich spielen, wo immer es mir gerade passte.
RP: Wann warst du dort und wo genau hast du gehaust?
AS: Das war anfangs April 2000. Ich hatte ein Zimmer in einer winzigen
Pension bei einer sehr herzlichen Familie. Es gab keinen Fernseher - dafür
war der Ouzo gratis!
RP: Kannst du mehr über die Single «Music makes my World go round» erzählen?
AS: Im Moment schweben wir im siebten Himmel! Seit drei Wochen ist «Music
makes my World go round» der meistgespielteste Song am Radio und er hält
sich sehr wacker in den Single-Charts. Da wir nicht nach einem Schema
arbeiten, ist dieses Stück, wie auch alle anderen Lovebugs-Songs, mehr oder
weniger durch Zufall entstanden. Die Stücke, die wir jeweils als «Hits»
planen, landen meistens auf B-Sides oder im Papierkorb. «Music makes my
World go round» entstand erst, als wir schon inmitten der Aufnahmen waren.
Während dieser Zeit sind drei langjährige Beziehungen von Bandmitgliedern
zerbrochen. Der Song handelt davon.
RP: Eines der Stücke heisst «Barbarella». Ist es eine Referenz an den
gleichnamigen Sc-Fi-Film mit Jane Fonda?
AS: Wir sind alle grosse Filmfans und treffen uns regelmässig, um uns zu
Hause oder im Kino gute Filme anzusehen. In einer Science-Fiction- und
B-Movie-Phase haben wir uns «Barbarella» angeschaut. Ich fand den Film
grandios und ziemlich inspirierend. Der Film ist ziemlich sexy und unser
Song sollte es auch sein... Ausserdem ist es ja schon fast Tradition, dass
ein Song pro Album nach einem Film benannt wird. Ein guter Popsong soll
meiner Meinung nach auch eine Erinnerung oder ein Bild transportieren.
RP: Als Hiddentrack habt ihr "Rocket Man" von Elton John aufgenommen. Warum
gerade diesen Song?
AS: Das war nicht geplant. Wir haben diesen Song seit Jahren immer mal
wieder zum Spass im Proberaum gespielt, weil wir es als frech und provokant
empfanden, einen Elton-John-Titel zu covern. Als wir unser eigenes Studio
fertiggestellt hatten, nahmen wir «Rocket Man» als Testsong auf. Da uns
während der ganzen Produktion die Popmusik und Soundsprache der siebziger
Jahre beeinflusste - von Lou Reed über Roxy Music bis hin zu Simon &
Garfunkel -, passte «Rocket Man» schliesslich perfekt auf «Awaydays».
RP: Bestand ein Druck von Seiten der Plattenfirma bezüglich eurem neuen
Album? Erwarteten sie gewisse Verkaufszahlen von euch?
AS: Es bestand kein Druck. Da sich «Transatlantic Flight» weit über den
Erwartungen verkauft hatte, waren wir natürlich in einer sehr komfortablen
Situation. Überdies kennen wir die Leute bei Warner Music teilweise schon
über acht Jahre und es herrscht ein gegenseitiges, grosses Vertrauen.
Ausserdem sind wir ja auch kein «heute top - morgen flop»-Projekt sondern
eine Band, die über die Jahre gewachsen ist. Die Verkaufszahlen von «Awaydays»
übertreffen übrigens die von «Transatlantic Flight» (ungefähr 24 000
verkaufte CDs) beinahe schon vor der Veröffentlichung...
RP: Standet ihr nach dem Erfolg eures letzten Album persönlich unter einem
Druck für das neue Werk?
AS: Klar, will man immer eine noch bessere Platte machen, aber das hat
nichts mit Verkaufszahlen zu tun. Die grösste Herausforderung ist, das
Projekt für sich und die Band spannend zu halten, und sich neue Ziele zu
setzen. Da wir alle vier aber dermassen kreative Köpfe sind, habe ich keine
Angst, dass uns demnächst die Ideen ausgehen könnten...
Interview: Robert Pally
|